Papst Franziskus kannte Pater Pio nicht persönlich, aber er sieht in ihm einen treuen und heiligen Zeugen Gottes.
Für das Jubiläum der Barmherzigkeit im Jahr 2016 wollte Papst Franziskus, dass die Reliquien des heiligen Pater Pio von San Giovanni Rotondo nach Rom überführt wurden. Denn in den zahlreichen Stunden, die Pater Pio im Beichtstuhl verbrachte, wurde er zu einem Werkzeug der Barmherzigkeit Gottes für viele Menschen.
Im März 2018 besuchte Papst Franziskus ausserdem Pietrelcina, den Geburtsort von Pater Pio, und San Giovanni Rotondo, Wirkungsort des Heiligen während mehr als 50 Jahren.
17. März 2018
Ich freue mich, in diesem Ort [Pietrelcina] zu sein, wo Francesco Forgione geboren wurde und seinen langen und fruchtbaren menschlichen und geistlichen Weg begann. In dieser Gemeinde wurde sein menschliches Wesen geprägt, er lernte zu beten und in den armen Menschen das Fleisch des Herrn zu erkennen, bis er in der Nachfolge Christi wuchs und darum bat, bei den Kapuzinern aufgenommen zu werden: So wurde er Bruder Pio von Pietrelcina. Hier begann er, die Mutterschaft der Kirche zu erfahren, deren frommer Sohn er stets geblieben ist. Und er liebte die heilige Kirche und ihre sündigen Kinder, alle. Das war der heilige Pater Pio.
Damals hielt er sich nämlich aus gesundheitlichen Gründen in seinem Heimatort auf. Das war für ihn keine einfache Zeit: Er war innerlich gequält und fürchtete, in Sünde zu geraten, da er sich vom Teufel angegriffen fühlte. In jenen schrecklichen Augenblicken schöpfte Pater Pio aus dem unablässigen Gebet und aus dem Vertrauen, das er dem Herrn zu schenken verstand, neue Lebenskraft. Er sagte: »All die Schreckgespenster, die der Teufel meinem Verstand eingibt, verschwinden, wenn ich mich vertrauensvoll den Armen Jesu überlasse.«
Pater Pio tauchte in das Gebet ein, um dem göttlichen Plan immer mehr zu entsprechen. Durch die Feier der heiligen Messe, die das Herz jedes Tages und die Fülle seiner Spiritualität war, erreichte er ein hohes Maß der Vereinigung mit dem Herrn. In dieser Zeit empfing er aus der Höhe besondere mystische Gaben, die dem Erscheinen der Zeichen des Leidens Christi in seinem Fleisch vorausgingen. Dieser demütige Kapuzinerpater hat die Welt in Staunen versetzt durch sein Leben, das ganz dem Gebet und dem geduldigen Anhören der Brüder und Schwestern gewidmet war, auf deren Leiden er den Balsam der Liebe Christi goss.
17. März 2018
Manchmal schiebt man das Gebet auch beiseite, weil man von einem Aktivismus ergriffen ist, der am Ende nichts zustande bringt, wenn man »den guten Teil« (Lk 10,42) vergisst, wenn man nicht daran denkt, dass wir getrennt von ihm nichts vollbringen können (vgl. Joh 15,5) – und so vernachlässigen wir das Gebet. Auch 50 Jahre nach seinem Heimgang in den Himmel hilft der heilige Pater Pio uns, weil er uns das Gebet als Erbe hinterlassen hat. Er legte allen ans Herz: »Betet viel, meine Kinder, betet immer, ohne jemals dessen müde zu werden«. Zu den Gebetsgruppen hat er gesagt: »Das Gebet, diese vereinte Kraft aller guten Seelen, ist es, was die Welt bewegt, die Gewissen erneuert, […], die Kranken heilt, die Arbeit heiligt, die Fürsorge für die Kranken veredelt, sittliche Kraft schenkt […], das Lächeln und den Segen Gottes über jede Erschöpfung und Schwäche breitet«.
Wissen wir Gott da zu suchen, wo man ihn findet? Hier ist ein besonderes Heiligtum, wo er gegenwärtig ist, weil sich hier viele Kleine befinden, die von ihm besonders geliebt werden. Der heilige Pater Pio nannte es »Tempel des Gebets und der Wissenschaft «, wo alle berufen sind, »Liebesvorrat« für die anderen zu sein: das Krankenhaus »Casa di Sollievo della Sofferenza«. Im Kranken findet man Jesus, und in der liebevollen Sorge dessen, der sich über die Wunden des Nächsten beugt, liegt der Weg, Jesus zu begegnen.
Der heilige Pater Pio hat das ganze Leben lang das Böse bekämpft, und er hat es weise bekämpft, wie der Herr: mit Demut, mit Gehorsam, mit dem Kreuz, indem er den Schmerz aus Liebe dargebracht hat. Und alle bewundern das; aber wenige tun dasselbe. Viele sprechen gut über ihn, aber wie viele ahmen ihn nach? Viele sind bereit, die Seite der großen Heiligen mit »gefällt mir« zu versehen, aber wer handelt wie sie? Denn das christliche Leben ist kein »Gefällt mir«, sondern ein »Ich schenke mich hin«. Das Leben strömt einen Duft aus, wenn es hingeschenkt wird; es wird fade, wenn man es für sich behält.
Der heilige Pater Pio hat sein Leben und zahllose Leiden dargebracht, damit die Brüder und Schwestern dem Herrn begegnen konnten. Und das entscheidende Mittel, ihm zu begegnen, war die Beichte, das Sakrament der Versöhnung. Dort beginnt und beginnt immer wieder neu ein weises, geliebtes und versöhntes Leben, dort beginnt die Heilung des Herzens. Pater Pio war ein Apostel des Beichtstuhls. Auch heute lädt er uns dorthin ein; und er sagt zu uns: »Wohin gehst du? Zu Jesus oder zu deiner Trübsal? Wohin kehrst du zurück? Zu dem, der dich rettet, oder in deine Niedergeschlagenheit, in deine Wehmut, in deine Sünden? Komm, komm, der Herr erwartet dich. Nur Mut, es gibt keinen Grund, der so schwerwiegend ist, dass er dich von seiner Barmherzigkeit ausschließt.«